Die deutsche Wirtschaft lahmt im dritten Jahr. Die Zukunft kommt aus Amerika und China. Der Staat steckt im Papierzeitalter fest. Der Befund ist deprimierend. Die frische Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD hat sich vorgenommen, die Fenster aufzureißen und frische Luft hereinzulassen. Es sind drei Minister, die dafür zuständig sind. Katherina Reiche (CDU) kümmert sich um die Wirtschaft, die CSU-Frau Doro Bär um Forschung, Technologie und Raumfahrt und der bisherige Spitzenmanager Karsten Wildberger um die Digitalisierung.
Viel Prokura, aber noch kein Ministerium – Wildbergers schwierige Aufgabe
Der bisherige Chef des Dachkonzerns der Elektronikkette Mediamarkt-Saturn übernimmt die anspruchsvolle Mission, die verkrustete Verwaltung auf den neuesten Stand zu bringen. Aus dem Organisationserlass des Bundeskanzlers – der die Aufstellung der neuen Regierung regelt – lässt sich ablesen, dass Friedrich Merz dem Top-Manager freie Hand geben will. „Es wird ein Bundesministerium Digitales und Staatsmodernisierung gebildet“, heißt es dort unter Punkt 1. Später wird ausgeführt, dass das neue Haus rund zwei Dutzend Abteilungen von anderen Ministerien zugesprochen bekommt.
Aus dem Kanzleramt wechseln beispielsweise die Zuständigkeiten für strategische Vorausschau und Grundsatzfragen der Digitalpolitik dahin, aus dem Verkehrsministerium kommt die digitale Infrastruktur, aus dem Wirtschaftsministerium der Bürokratieabbau und das Innenministerium verliert die Hoheit für die Computer- und Datensysteme der Bundesbehörden. Aus der Digitalbranche erhält Merz Lob für seinen Ansatz. „Der Aufbau und die Kompetenzen des neuen Digitalministeriums senden ein klares Signal: Die Bundesregierung benennt die Digitalisierung als zentrale Aufgabe künftigen Regierungshandelns mit eigenem Ressort“, sagte der Präsident des Branchenverbands Bitkom, Ralf Wintergerst.
Unterstützung kommt auch aus der Initiative Staatsmodernisierung um die beiden bekannten Ex-Minister Thomas de Maizière (CDU) und Peer Steinbrück (SPD), den früheren Verfassungsgerichtspräsidenten Andreas Voßkuhle und die Medienmanagerin Julia Jäkel. „Friedrich Merz und seinem Kabinett ist es ernst mit Digitalisierung und der Staatsmodernisierung“, sagte Jäkel unserer Redaktion. Das neue Ministerium sei stark und auf Umsetzung ausgerichtet. „Für halbherzige Versuche haben wir jedenfalls keine Zeit mehr, wir müssen ins Handeln kommen“, meinte die frühere Chefin des Verlages Gruner + Jahr.
Wildbergers Problem ist aber, dass er noch keine Immobilie und keinen Haushalt hat. Zwischenzeitlich nutzt sein neues Ressort eine Liegenschaft des Innenministeriums.
Doro Bär – völlig losgelöst für Bayerns Luft- und Raumfahrtindustrie
Die CSU hat sich in den Koalitionsverhandlungen ein deutlich aufgewertetes Forschungsministerium gesichert und mit Doro Bär besetzt. Statt sich wie bisher um Grundlagenforschung der Max-Planck- und Helmholtz-Gesellschaft zu kümmern und den Ländern säckeweise Geld für die darbenden Schulen vor die Tür zu stellen, hat die 47-Jährige deutlich mehr Einfluss. Vom Verkehrsministerium erhält sie die Zuständigkeit für Drohnen und kosmische Kommunikation, vom Wirtschaftsministerium die Abteilungen für Technologiepolitik, Raumfahrt und die Kontrolle über die Agentur für Sprunginnovationen.
Vom Bundesverband der Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) bekommt die CSU-Frau Vorschusslorbeeren. „Frau Bär ist uns bereits als versierte Politikerin für Zukunftsthemen bekannt. Wir erhoffen uns nun den notwendigen Schub für die deutsche Raumfahrt“, sagte BDLI-Chefin Marie-Christine von Hahn unserer Redaktion. Sie forderte, dass die neue Regierung die Gelder für die Europäische Raumfahrtagentur ESA und das nationale Weltraumbudget spürbar aufstocken müsse. In Bayern hat sich zwischen München und Augsburg ein Schwerpunkt für die Herstellung von Drohnen und Raketen gebildet.
Katherina Reiche – die Herrin der Energiewende
Die neue Wirtschaftsministerin scheint wie gemacht für das Amt. Langjährige politische Erfahrung im Bundestag als Abgeordnete und Staatssekretärin, langjährige Erfahrung als Chefin des Energieversorgers Westenergie. Katherina Reiche soll die Ausschläge der deutschen Energiewende glätten und endlich für bezahlbaren Strom sorgen. Der Umbau auf Erneuerbare Energien belastet Wirtschaft und Verbraucher mit hohen Preisen. Dem System fehlen zudem flexible Gaskraftwerke, die einspringen, wenn Wind und Sonne ihren Dienst versagen. Wenn Deutschland seine Grund- und Schwerindustrie erhalten will, muss die CDU-Politikerin aus Brandenburg erfolgreich sein.
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